Bürgerbusse werden stark nachgefragt

aus der Nürtinger/Wendlinger Zeitung vom 13.08.2016:

Bürgerbus-Verband "pro BürgerBus BW" hat seinen Sitz in Wendlingen

Von Gaby Kiedaisch

WENDLINGEN.Bürgerbusse erfreuen sich großer Akzeptanz und Nachfrage in der Bevölkerung.
Nicht nur in Wendlingen, wo der Bürgerbus nicht mehr wegzudenken
ist. Auch in weiteren Landkreisgemeinden stehen die Zeichen auf pro Bürgerbus.
Weitere Bürgerbusse stehen in der Anfangsphase oder man interessiert
sich für sie, freut sich Fred Schuster, Geschäftsführer des Landesverbands Pro
Bürgerbus Baden-Württemberg.


Seit dem 14. September 2014 besteht der Bürgerbus-Landesverband.
17 Gründungsmitglieder, darunter Wendlingen, schlossen sich zu der Interessenvertretung
der Bürgerbusvereine in Baden-Württemberg zusammen. Sitz
des Verbands ist Wendlingen. Fred Schuster ist sein Geschäftsführer.
„Wenigstens an zwei Tagen pro Woche sollte der Bürgerbus fahren", rät Fred
Schuster Organisatoren von Bürgerbussen. Damit hätten Nutzer die Möglichkeit,
ihre wichtigsten Einkäufe und Arzttermine zu erledigen.

Vor allem ältere Damen nutzten das Angebot der Bürgerbusse,
so die Beobachtung des Verbands. Viele, besonders ältere Menschen, müssten
häufig alleine, ohne Familie klarkommen und da sei der Bürgerbus ein wichtiges
Hilfsmittel, um weiterhin selbstständig bleiben und zu Hause leben zu können.
„Fast überall ist Bedarf in den Kommunen da", weiß Schuster.
„Jeder bastelte irgendwie an seinem Bürgerbus" Fred Schuster, Geschäftsführer
Empfehlenswert sei es aber nicht, wenn die Kommune den Bürgerbus anregt, erklärt
Schuster weiter. Das Projekt müsse aus der Bürgerschaft kommen, von den
Ehrenamtlichen selbst. Denn wenn kein Interesse auf Bürgerseite an einem Bürgerbus
bestünde, sei es auch schwierig, Ehrenamtliche anschließend dafür zu gewinnen.
„Das Projekt muss deshalb von unten angestoßen werden. Die Umsetzung
sollten dann aber die Hauptamtlichen von der Kommune leisten", so
Schuster und erinnert an die Anfänge des  Bürgerbusses in Wendlingen, wo der Bürgerverein
die treibende Kraft in Sachen Bürgerbus war.


Der Verband versorgt seine Mitglieder regelmäßig mit den neuesten Informationen,
auch über eine Online-Infobörse. Fred Schuster berät ebenso Initiatoren
von Bürgerbussen (wie gerade in Offenburg, Aulendorf oder Grünkraut) bei deren
Einrichtung, welche Busse sich zum Beispiel für welchen Zweck eignen. Bürgerbusse
gibt es nämlich nicht von der Stange, sondern sie müssen bedarfsgerecht
umgebaut werden. Oder er berät, ob ein Bürgerbus überhaupt sinnvoll ist.
Denn nicht jede Kommune benötigt einenBürgerbus. Dann zum Beispiel,
wenn bereits ein guter, lückenloser öffentlicher Nahverkehr besteht.
Apropos ÖPNV.

„Der Bürgerbus ist keine Konkurrenz für Busse im Nahverkehr",
sagt Schuster. Das könne er gar nicht, weil mit acht Sitzplätzen kein
umfassendes Nahverkehrsangebot aufrechterhalten werden könne. Bürgerbusse
existierten lediglich, weil sie mit Ehrenamtlichen betrieben würden. Außerdem
schlössen Bürgerbusse meist dort die Lücke, wo der Nahverkehr diese
nicht anbieten könne. „Bei unseren Beratungen machen wir eine Analyse vor
Ort und fragen deshalb auch die Busunternehmen vorweg, ob sie den weiteren
Bedarf der Bürger nicht doch selbst decken können", so der Geschäftsführer.

Etwa 270 Bürgerbusse gibt es in ganz Deutschland, die meisten davon in Nordrhein-
Westfalen. Circa 40 fahren in Baden-Württemberg. Aus dem Land sind
derzeit 26 Kommunen Mitglied im Bürgerbus-Landesverband Pro Bürgerbus,
Tendenz steigend. Gerade, am 1. August, ist in Notzingen ein weiterer Bürgerbus
in Betrieb gegangen. Mit Wendlingen, Aichwald, Denkendorf, Köngen und
Oberboihingen fahren im Kreis Esslingen in sechs Kommunen Bürgerbusse.
Ohne Ehrenamtliche, vor allem als Fahrer, kann dieses Angebot allerdings nicht
gewährleistet werden, erklärt der Landesgeschäftsführer und wundert sich,
weshalb Reaktionen auf diese Leistungen der Ehrenamtlichen aus dem Landratsamt
bislang ausgeblieben sind, wo doch Landrat Heinz Eininger die Ehrenamtlichen
in seinen Reden sonst immer hervorheben würde. Ein bisschen Anerkennung
und die Ermunterung von anderen Kommunen für das Bürgerbusangebot
vermisst Schuster.


Von dieser Kritik will Schuster die Nahverkehrsbehörde im Landratsamt
allerdings ausgenommen wissen. Schuster dazu: „Die Genehmigungsverfahren
für die Busse laufen problemlos." Weiterhin strebt der Verband an, die
rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen für den Betrieb von Bürgerbussen
zu optimieren. Dafür macht der Verband Lobbyarbeit für seine Mitglieder.
Wie in Sachen Investitionszuschüsse des Landes. Seit diesem Jahr gibt es eine
Staffelung bei den Zuschüssen für die Anschaffung von Fahrzeugen und eine
Übernahme der Kosten für die Beförderungserlaubnis – insgesamt 100 000
Euro. Nach Ansicht Schusters reichen die dafür vom Land eingesetzten Mittel
jedoch kaum aus. Ganz anders in Nordrhein-Westfalen: dort würden dafür
über 700 000 Euro pro Jahr vorgehalten.